âWaldbrĂ€nde in Brasilien: Das ist ein Friedhofâ â Schlagzeile im Sommer 2019. Grund genug fĂŒr die 2. Ausgabe der Diskussionsreihe âQuo vadisâ Leben?â am 28.09.2019 um 19.00 Uhr im Sportheim Wasserburg. Welches AusmaĂ und welche Folgen haben Klimawandel und das 6. groĂe Massenaussterben an Tier- und Pflanzenarten in der Geschichte des Lebens? Gibt es Lösungen? Diese Fragen werden am 28.09.2019 mit spannenden GĂ€sten diskutiert. âEin Kind ist das Schlimmste, was man der Umwelt antun kannâ, mit dieser Aussage in ihrem Buch sorgte die Lehrerin, Dr. Verena Brunschweiger, fĂŒr mediales Aufsehen. Prof. Dr. Michael Schrödl, Artenforscher an der renommierten zoologischen Staatssammlung in MĂŒnchen, wird zu allen Fragen der Artenvielfalt und Artenkrise Stellung nehmen. âWir können nicht mehr warten! Regierungen werden unsere Welt nicht retten. Wir mĂŒssen selbst handelnâ â das vertritt âextinction rebellionâ, deren Pressesprecher, Tino Pfaff, ĂŒber die Vision dieser bemerkenswerten Graswurzel-Bewegung berichten wird. Der Dipl.-Biologe Hennig Werth (LB fĂŒr Vogelschutz) engagiert sich fĂŒr den Erhalt des Königs der LĂŒfte, dem Steinadler. Ein weltweit einzigartiges Beispiel zum Schutz der Orang-Utans verkörpert der 25-jĂ€hrige Benny Over. Trotz schwerster Behinderung hat er die Waldmenschen Borneos besucht und setzt sich unermĂŒdlich fĂŒr den Schutz der Orang-Utans und des Regenwalds ein.
AuĂergewöhnliche Menschen, die AuĂergewöhnliches zur Rettung der Artenvielfalt auf der Erde sagen, schreiben und tun, werden im Rahmen der Veranstaltungsreihe âQuo vadis â Leben?â portrĂ€tiert werden. Moderiert wird die Veranstaltung von den beiden Vorsitzenden von âFaszination Regenwald e.V.â, Frau Birgit Fahr und Herrn Dr. Dr. Bernhard Lohr.
Hardi Baktiantor, GruÌnder von COP (Centre for Orang Utan Protection) wird in seinem Vortrag auf die Situation des Regenwaldes auf Borneo und das damit verknuÌpfte Schicksal der Orang Utans eingehen.
Ein TierschĂŒtzer berichtet, wie die Heimat der Orang Utans âbrachial zerstörtâ wird
Der Verein Faszination Regenwald hat einen bedeutenden Orang-Utan-SchĂŒtzer nach GĂŒnzburg eingeladen. Warum die Tiere so leiden mĂŒssen und wie sie geschĂŒtzt werden können.
Von Helmut Kircher
Es bedurfte starker Nerven um zu ertragen, was da dem Publikum im Sportheim Wasserburg vor Augen gefĂŒhrt wurde. Einem Publikum, das âzum Regenwalderfahrendsten im weiten Umkreis gehörtâ, wie es Tropenbiologe und Vereinsvorsitzender Dr. Bernhard Lohr formulierte. Geladen hatte er zum Vortrag ĂŒber das Thema âCreating a good life for Orang Utansâ einen hochkompetenten Gast.
Einen âwie es keinen Zweiten gibtâ, nĂ€mlich den GrĂŒnder und Leiter der renommierten Orang-Utan-Schutzorganisation COP, Hardy Baktiantor, der auch an der momentan stattfindenden europĂ€ischen Weltklimakonferenz teilnimmt.
Regenwald wird fĂŒr Palmöl gerodet
Weiter eingeladen war Helmut Huber, Vorsitzender des niederbayerischen Partnervereins âFans for Natureâ, der persönliche Erfahrungen ĂŒber die bedrohliche Situation im Regenwald von Borneo beisteuern konnte. Mit drastischen Tatsachen ĂŒber Zerstörung und Leid konfrontierte Lohr in seiner Vorrede die Zuhörer. Brachte, im Zusammenhang mit dem derzeitigen Flammeninferno in Brasilien, die 72000 BrĂ€nde im Amazonasgebiet (eine Steigerung um 83 Prozent gegenĂŒber dem Vorjahr) zur Sprache, die 700000 Quadratkilometer Wald, die seit den 70er Jahren in Brasilien gerodet wurden, um Platz fĂŒr Palmöl, Sojaindustrie und vierfach gesteigerten Rinderexport (allein im letzten Jahr 215 Millionen Tiere im Gegenwert von 6,5 Milliarden Dollar) zu schaffen.
Daneben noch die im Hintergrund betriebene GoldwĂ€scherei im Amazonasgebiet mit rund 200000 illegalen Minen und Gruben. Neben der âbrachialen Zerstörung ihres Lebensraumesâ droht, wie Helmut Huber berichtete, den vom Aussterben bedrohten Tierarten, wie dem Orang-Utan, eine weitere Gefahr: Wenn er sich, in seiner angestammten Region, auf die Suche nach PalmfrĂŒchten macht, oder in bereits abgeholzten Teilen nachwachsende Triebe als Nahrung verwendet, kann er gejagt und getötet werden.
Dorfbewohner fangen die Affen ein und halten sie als Haustiere
Zudem fangen sich Dorfbewohner in der NĂ€he von Plantagen gerne junge Ăffchen als Haustiere ein, oder gar als Kinderersatz. FĂŒr ProfijĂ€ger ist es eine hochlukrative Einnahmequelle. Gelingt ihnen nĂ€mlich ein illegaler Export nach Europa, winken, so Huber, bis zu 40000 Euro als Lohn. Bei seiner letzten Reise traf er auf das Ăffchenbaby Alois â verletzt, zerschunden, gefangen in einer engen Kiste, allein, ohne Mutter. (Lesen Sie ĂŒber die Rettung eines Orang-Utan-Babys: Was dieses Orang-Utan-Baby mit Offingen verbindet ) Die wurde erbarmungslos getötet. âEmotionen sind in dem Job nicht unbedingt hilfreichâ, so sein Kommentar. Er konnte das Baby an sich nehmen und im COP- Rettungszentrum vor dem sicheren Tod bewahren.
Die Zukunft der Orang-Utans, deren Erbgut zu ĂŒber 97 Prozent dem Erbgut eines Menschen gleicht â deshalb der Name Waldmensch â , ist, erklĂ€rte Umweltaktivist Baktiantor, zum GroĂteil wegen Regenwaldabholzung fĂŒr Palmöl höchst gefĂ€hrdet. Deshalb sei seine Organisation bemĂŒht, mit der Regierung zu einer gesetzlich geregelten Nachhaltigkeitsvereinbarung zu kommen.
Leichter gesagt als getan. Die allmĂ€chtige Palmölindustrie nĂ€mlich versuche vielfach, durch Finanzierungshilfen an Umweltschutzorganisationen eine âSchweigegeldlösungâ zu erreichen. FĂŒr ihn, so betonte Baktianor unmissverstĂ€ndlich, komme aber solch ein Abkommen nicht infrage. Er sei fĂŒr die konstruktive Ăffentlichmachung eines Umweltschutzprogrammes, mit dem groĂen Traum einer 53000 HektarflĂ€che Schutz- und Lebensraum.
In der „Waldschule“ werden verletzte Tiere gesund gepflegt
Einem Ort der Zuflucht, auch fĂŒr seine âWaldschuleâ, in der eingelieferte Jungtiere auf eine Wiedereingliederung in den Urwald vorbereitet werden, fĂŒr sein Rettungszentrum, in dem verletzte, verbrannte, versklavte oder verhungernde Menschenaffen gesund gepflegt werden können. Nicht immer gelingt dies.
Schockierende Bilder zeigen eine brutale Wirklichkeit, wie sie fĂŒr den Betrachter nur schwer zu ertragen ist: erbarmungslos gejagte Wesen mit gebrochenen GliedmaĂen, abgehackten Fingern, klaffenden Kopfwunden, angeschossenen Körperteilen, ausgezehrter Unbarmherzigkeit. Ergebnis eines ökologischen Desasters, âausgehend aus einer der reichsten Regionen auf dem Planetenâ. Der Grund fĂŒr das Leid und die Regenwaldrohdung â darin waren sich alle Beteiligten einig â ist, neben der Rinderzucht, vor allem die Produktion von Palmöl, das in enorm vielen Nahrungsmitteln, in Kerzen, Reinigungsmitteln, Kosmetik, auch in Biosprit enthalten ist. Genaugenommen in jedem zweiten Supermarktprodukt.
Die abschlieĂende Diskussion mit den Zuhörern brachte es auf den Punkt: Orang-Utans wĂŒrden fĂŒr Palmöl sterben. Doch was können die Menschen tun? Die Meinungen waren so vielfĂ€ltig wie die Möglichkeiten gering. Packungsinformation lesen: weniger im Supermarkt, dafĂŒr mehr frische Waren kaufen und sich in Umweltschutzorganisation engagieren.
Die nĂ€chste Veranstaltung der Reihe âQuo vadis Leben?â findet am Samstag, 28. September, im Sportheim Wasserburg statt. Es gibt eine Podiumsdiskussion zum Thema globales Artensterben. Beginn ist um 19 Uhr, der Eintritt ist frei.