„Faszination Regenwald e.V.“ fordert ein komplettes Umdenken in der europäischen Agrarund
Energiepolitik zum Schutz des tropischen Regenwaldes!
Noch immer wird die Dramatik nicht erkannt. Sich auf die Löschung der Brände zu
beschränken und im Anschluss über Möglichkeiten zur Wiederaufforstung nachzudenken, wie
vor wenigen Tagen von der Bundeskanzlerin Angela, auf dem G7 Gipfel-Treffen in Biarritz
gefordert, ist bei Weitem nicht ausreichend.
Der erdballumspannende tropische Waldgürtel ist sehr viel mehr als ein riesiger
Kohlenstoffspeicher. Die Bedeutung des tropischen Regenwaldes übersteigt seine Funktion
als die grüne Lunge unserer Erde. Mit den derzeit stattfindenden gigantischen Waldbränden
in Amazonien werden nicht nur Milliarden an Tonnen CO2 freigesetzt und der Klimawandel
weiter angeheizt, sondern darüber hinaus wird die derzeitige globale Artenkrise aufs
Massivste verschärft. Ein Großteil der landgebundenen Artenvielfalt hat seinen Lebensraum
in den tropischen Regenwäldern. Man kennt heute 1,8 Millionen an unterschiedlichen Tier-,
Pflanzen-, Pilz- und Mikroorganismenarten. Die Wissenschaft geht davon aus, dass aber
insgesamt mehr als 30 Millionen an unterschiedlichen Arten auf der Erde vorkommen, die
meisten davon noch unentdeckt in den Kronen tropischer Urwaldriesen.
Mit der gigantischen Brandrodung der tropischen Regenwälder wird nicht nur das Ökosystem
Erde in Frage gestellt, das ohne tropische Regenwälder nicht funktioniert, es wird das sechste
große, vom Menschen verursachte, Artensterben in der Geschichte des Lebens auf ungeahnte
Weise weiter angeheizt.
Der Motor für die Zerstörung der globalen Regenwälder ist überall der gleiche: Erst werden
die wertvollen tropischen Urwaldriesen gefällt und als zweiter Schritt werden Brände gelegt,
um das Land von der restlichen Vegetation zu „befreien“. Derzeit allein in Amazonien ca.
82.000 Brände. Auf diesen so vorbereiteten Flächen werden Grassamen ausgebracht, damit
Rinder weiden können (allein in Brasilien über 215 Millionen) oder sie werden als Anbaufläche
von Soja verwendet. Soja wird als Viehfutter in der chinesischen Schweinezucht oder als
wertvolle Proteinquelle für die Millionen Tiere in Europas Ställen verwendet. Ohne
Sojaimporte aus den Tropen ist die europäische Massentierhaltung in den derzeitigen
Dimensionen nicht denkbar. Deshalb sind die Ansätze der deutschen Bundeskanzlerin und des
französischen Staatspräsidenten nur Pflaster auf akute Wunden. Wenn Europa es ernst
meinen würde mit einem Schutz der tropischen Regenwälder, müsste es seine
Exportorientierung und Massenproduktion in der Landwirtschaft zugunsten einer lokalen und
ökologisch orientierten Nahrungsmittelproduktion aufgeben.
Ähnliches gilt für die Energiepolitik. Hier werden Millionen Tonnen an Biodiesel aus tropischen
Ölpalmen eingesetzt. Die Ölpalme wird in riesigen Mengen v.a. in Malaysia und Indonesien
angebaut. Auf Flächen, die zuvor durch Brandrodung „gereinigt“ werden müssen. Europa
reduziert seine CO2 -Emissionen durch vermeintlichen „Biodiesel“ und dafür lösen sich an
anderer Stelle die Lebensräume von Millionen Tier- und Pflanzenarten in Rauch auf.
„Faszination Regenwald e.V.“ fordert deshalb eine radikale Änderung in der europäischen
Agrar- und Energiepolitik zum Schutze der letzten noch verbliebenen tropischen Regenwälder
mit ihrem unglaublichen Artenreichtum! Die grüne Lunge der Erde muss unter
„Denkmalschutz“ gestellt werden.
Günzburg im August 2019
Bernhard Lohr, Birgit Fahr, Kurt Schweizer (Vorstand Faszination Regenwald e.V.)