Endlich Recht behalten?

„Mehr als 500 Landwirbeltiere akut bedroht“ und „UmweltschĂŒtzer beklagen massiven Urwaldverlust“, das waren die zwei Schlagzeilen, die mir bei meinem tĂ€glichen morgendlichen Ritual, dem Durchforsten der Spiegel-online-Schlagzeilen, am 03. Juni 2020 ins Auge gesprungen sind. Am selben Tag verlieh die Bild-Zeitung dem tropischen Regenwald den Titel des „Verlierer des Tages“. Wenige Tage zuvor hatte ich am Bahnhofs-Kiosk die Ausgabe von National Geographic gekauft, die auf ihrer Titelseite ein Potpourri an unterschiedlichen Insekten zeigt und in einer großen Schlagzeile feststellt: „Wir werden sie vermissen, wenn sie alle gegangen sind“.  Wenn es nicht viel zu traurig wĂ€re, könnte sich in mir der Gedanke hochschleichen: Endlich wird das wahrgenommen, was du seit vielen Jahren in VortrĂ€gen, Filmen und Veranstaltungen immer wieder versuchst deutlich zu machen, nĂ€mlich dass mit dem durch uns Menschen verursachten globalen 6. Massensterben von Tier- und Pflanzenarten das verspielt wird, was unsere kleine Erde so einzigartig macht. Und diese Einzigartigkeit ist nun mal die Vielfalt des Lebens!

Seit knapp 20 Jahren setze ich mich gemeinsam mit meinen Vorstandskolleg*innen Birgit Fahr und Kurt Schweizer in unserem Verein Faszination Regenwald e.V. fĂŒr den Erhalt des tropischen Regenwaldes ein. Mit dem bekannten deutschen Schauspieler Michael Mendl habe ich zwei Regenwald-Filme gedreht, einzig mit dem gemeinsamen Ziel zu veranschaulichen, dass mit der Vernichtung der tropischen RegenwĂ€lder ein wahnsinniger Verlust an Artenvielfalt einhergeht!

Wieso aber die ganze MĂŒhe? Birgit ist Lehrerin, Kurt Personalmanager, Michael Schauspieler und ich Arzt. Wir verdienen unsere Brötchen mit oder ohne Regenwald, könnte man meinen. Was uns eint, ist der Gedanke, dass die Menschheit derzeit Unwiederbringliches vernichtet. Unwiederbringliches, dessen Entwicklung Jahrmilliarden gedauert hat. Der Verlust ist nie wiedergutzumachen. Eine einmal ausgestorbene Art kann durch keine Macht des Universums wieder zurĂŒckgeholt werden.

Kurzum, die Schlagzeilen des 03.06.2020 stimmen uns sehr traurig, weil wir seit 20 Jahren auf die Dramatik des Artenverlusts hinweisen.

Wir wollten nicht Recht behalten!

Bernhard Lohr (ebenfalls im Namen von Michael Mendl, Birgit Fahr und Kurt Schweizer)

 

https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/brasilien-am-staerksten-betroffen-umweltschuetzer-beklagen-urwaldverlust-a-bd5b20c0-4917-45c8-91d3-ba4138465cc9

https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/biodiversitaet-mehr-als-500-landwirbeltier-arten-akut-bedroht-a-bb7208db-3dcf-4cb3-b8d8-e0ee40343484

https://magazin.spiegel.de/SP/2020/22/171037358/index.html

Kurzfilm „Lektion der Unvernunft“ ĂŒber eine Reise zu den Orang-Utans Borneos.

Ein Baum der fĂ€llt macht mehr LĂ€rm als einer ganzer Wald der wĂ€chst„. Mit dieser tibetanischen Weisheit beginnt der Film „Lektion der Unvernuft“ des Chirurgen Dr. Uwe Jordan ĂŒber eine Reise zu den Orang-Utans Borneos. Der 15-minĂŒtige Film endet mit den nachdenklichen Worten seines Kollegen Dr. Thomas Hardtmuth: „Wir brauchen heute einmal eine Denkweise, die hinausreicht ĂŒber unseren eigenen Tellerrand“.  Die beiden OberĂ€rzte fĂŒr Chirurgie haben ihre Erlebnisse und Impressionen einer gemeinsamen Borneo Reise in einem eindrucksvollen 15-minĂŒtigen Filmdokument verarbeitet.
Was sind die tieferen GrĂŒnde fĂŒr das Aussterben der Orang-Utans, wieso gibt es auf der Erde anscheinend nur Platz fĂŒr die Art Homo sapiens und wenige seiner Kulturpflanzen in riesigen Monokulturen und Milliarden an Zuchttiere in Massentierhaltung? Thomas Hardtmuth geht mit nachdenklichen Gedanken und Worten zu den Bildern von Uwe Jordan den Ursachen fĂŒr die anhaltende Naturzerstörung auf den Grund.
Siehe Youtube Kanal Verein Faszination Regenwald:
GĂŒnzburger Zeitung zur zweiten Ausgabe von „Quo vadis – Leben“ am 28.09.2019

GĂŒnzburger Zeitung zur zweiten Ausgabe von „Quo vadis – Leben“ am 28.09.2019

https://www.augsburger-allgemeine.de/guenzburg/Klimawandel-Jeder-Einzelne-muss-sein-Verhalten-ueberpruefen-id55573621.html

GĂŒnzburg

30.09.2019

Klimawandel: Jeder Einzelne muss sein Verhalten ĂŒberprĂŒfen

Klimawandel und Artensterben schreiten rasant vor. Was muss getan werden, um den Planeten und damit die Menschheit zu retten? DarĂŒber wurde bei einer Veranstaltung des GĂŒnzburger Vereins Faszination Regenwald diskutiert.
Bild: Greta Kaiser

Eine Expertenrunde in GĂŒnzburg warnt davor, dass der Menschheit nicht mehr viel Zeit bleibt, um in Sachen Klimaschutz umzusteuern.

VergnĂŒglich war der Abend nicht. DafĂŒr lehrreich und aufrĂŒttelnd. Ging es doch um die zentrale Frage dieser Tage: Wie kann die Menschheit angesichts von Klimawandel, Umweltzerstörung und Artensterben ĂŒberleben? Und es ging um die Frage, was Politik, Gesellschaft und jeder Einzelne tun können und tun mĂŒssen, um auf der Erde zu retten, was noch zu retten ist. Viel Zeit bleibt nicht mehr. Werde nicht Grundlegendes geĂ€ndert, könnte es schon in wenigen Jahren zu spĂ€t sein. Noch könne umgesteuert werden. Zum Nulltarif und ohne Einschnitte aber sei das nicht zu haben. Das war das Fazit einer Expertenrunde, zu der am Samstagabend der GĂŒnzburger Verein Faszination Regenwald ins Wasserburger Sportheim geladen hatte.

„Wir stehen vor einem Artensterben unbekannten Ausmaßes“, erklĂ€rte eingangs der Vereinsvorsitzende, der GĂŒnzburger Arzt und Biologe Bernhard Lohr. „Verursacht nicht wie frĂŒher durch Naturkatastrophen, sondern durch den Menschen.“ An den Menschen liege es also, nicht zuletzt der „rĂŒcksichtslosen PlĂŒnderung der Ressourcen mit ihren vielfĂ€ltigen Folgen“ Einhalt zu gebieten. Das aber sei nur möglich, wenn auch „unbequeme Wahrheiten“ zur Kenntnis genommen wĂŒrden.

Wenn ein Ökosystem kippt, dann kippen auch andere

So etwas wie Symboltiere fĂŒr das Artensterben sind Affen, BĂ€ren oder Nashörner. Auch sie sind Teil komplexer ökologischer Systeme. Mindestens ebenso wichtig sind kleinste Tiere in Wald und Flur, in FlĂŒssen und Meeren. „Sie sind die Lebensgrundlagen“, erklĂ€rte Prof. Michael Schrödl von den Zoologischen Staatssammlungen in MĂŒnchen. Gehe das schleichende Artensterben rund um den Globus im bisherigen Maße weiter, werde das auch fĂŒr die Menschen hierzulande gravierende Folgen haben – in Form von anhaltenden Hitze- und DĂŒrreperioden, Überschwemmungen und StĂŒrmen. Der Artenforscher: „Kippt ein Ökosystem, kippen auch andere.“

In Bayern leben nach Angaben Schrödls mindestens 40 000 Tierarten. 30 bis 40 Prozent seien akut gefĂ€hrdet oder kurz vor dem Aussterben. Verursacht nicht zuletzt durch die intensive Landwirtschaft und eine ebensolche Forstwirtschaft. Weltweit sind etwa 1,5 Millionen Tierarten bekannt, vermutlich gebe es um die 100 Millionen. „Sie werden aussterben, noch ehe sie bekannt oder erforscht sind“, betonte Schrödl. Vor allem in den RegenwĂ€ldern, die zugunsten billigen Fleisches oder des Palmöls immer stĂ€rker gerodet werden.

Das von der Bundesregierung verabschiedete Klima-Paket reiche „hinten und vorne“ nicht. Es mĂŒsse deutlich mehr geschehen. Und jeder mĂŒsse sein Konsumverhalten ĂŒberprĂŒfen: weniger Fleisch, weniger fliegen, weniger Auto fahren und weniger Plastik. Bei alldem gehe es lĂ€ngst nicht mehr um die Lebensgrundlagen der Enkel oder noch spĂ€terer Generationen. Es gehe um das Hier und Heute.

Lehrerin Verena Brunschweiger erntete fĂŒr ihr Buch heftige Kritik

Heftige Reaktionen hatte die promovierte Lehrerin Verena Brunschweiger mit ihrem Buch „Kinderfrei statt kinderlos“ ausgelöst. Der Verzicht auf (viele) Kinder sei der „grĂ¶ĂŸtmögliche individuelle Beitrag“ zur Rettung des „im Sterben liegenden Planeten“, erklĂ€rte sie. In den EntwicklungslĂ€ndern mĂŒsse der Zugang zu VerhĂŒtungsmitteln verbessert werden. Tatsache aber sei, dass ein deutsches oder europĂ€isches Kind das 30-fache eines afrikanischen Kindes verbrauche. Bei der Familienplanung sei sehr wohl die Frage zu stellen: In welcher Welt werden die Kinder leben?

Benni Over sitzt im Rollstuhl. Er leidet an Muskelschwund, hatte vor Jahren einen Herzstillstand, er braucht ein BeatmungsgerĂ€t und das Sprechen fĂ€llt ihm schwer. Der 29-JĂ€hrige hĂ€tte also andere Probleme, als sich um den Schutz der Orang-Utans auf Borneo zu kĂŒmmern. Doch genau das tut er zusammen mit seinen Eltern.

Benni Over engagiert sich fĂŒr Orang-Utans auf Borneo

Vater Klaus Over berichtete, dass aus der ersten Faszination fĂŒr die Waldmenschen genannten Affen lĂ€ngst ein umfassendes Naturschutzprojekt mit BĂŒchern, Filmen und bis zu 40 Veranstaltungen pro Jahr an Schulen, UniversitĂ€ten und anderen Einrichtungen geworden ist. Je mehr er ĂŒber die dramatische Lage des Planeten wisse, desto hĂ€ufiger denke er: „Was machen wir fĂŒr eine Scheiße?“

Die von Bernhard Lohr und Birgit Fahr moderierte Diskussion endete mit einem versöhnlichen Ausblick. Kinder und Jugendliche seien mit ihrem erkennbar verĂ€nderten Bewusstsein die Hoffnung, erklĂ€rte Michael Schrödl. Es mĂŒsse gelingen, etwa „Fridays for Future“ zur Massenbewegung zu machen. „Dann ist noch was zu retten.“

Stellungnahme zu den WaldbrÀnden in Amazonien 2019

Stellungnahme zu den WaldbrÀnden in Amazonien 2019

„Faszination Regenwald e.V.“ fordert ein komplettes Umdenken in der europĂ€ischen Agrarund
Energiepolitik zum Schutz des tropischen Regenwaldes!
Noch immer wird die Dramatik nicht erkannt. Sich auf die Löschung der BrÀnde zu
beschrĂ€nken und im Anschluss über Möglichkeiten zur Wiederaufforstung nachzudenken, wie
vor wenigen Tagen von der Bundeskanzlerin Angela, auf dem G7 Gipfel-Treffen in Biarritz
gefordert, ist bei Weitem nicht ausreichend.
Der erdballumspannende tropische Waldgürtel ist sehr viel mehr als ein riesiger
Kohlenstoffspeicher. Die Bedeutung des tropischen Regenwaldes übersteigt seine Funktion
als die grüne Lunge unserer Erde. Mit den derzeit stattfindenden gigantischen WaldbrĂ€nden
in Amazonien werden nicht nur Milliarden an Tonnen CO2 freigesetzt und der Klimawandel
weiter angeheizt, sondern darüber hinaus wird die derzeitige globale Artenkrise aufs
Massivste verschĂ€rft. Ein Großteil der landgebundenen Artenvielfalt hat seinen Lebensraum
in den tropischen RegenwÀldern. Man kennt heute 1,8 Millionen an unterschiedlichen Tier-,
Pflanzen-, Pilz- und Mikroorganismenarten. Die Wissenschaft geht davon aus, dass aber
insgesamt mehr als 30 Millionen an unterschiedlichen Arten auf der Erde vorkommen, die
meisten davon noch unentdeckt in den Kronen tropischer Urwaldriesen.
Mit der gigantischen Brandrodung der tropischen RegenwĂ€lder wird nicht nur das Ökosystem
Erde in Frage gestellt, das ohne tropische RegenwÀlder nicht funktioniert, es wird das sechste
große, vom Menschen verursachte, Artensterben in der Geschichte des Lebens auf ungeahnte
Weise weiter angeheizt.
Der Motor für die Zerstörung der globalen RegenwĂ€lder ist überall der gleiche: Erst werden
die wertvollen tropischen Urwaldriesen gefÀllt und als zweiter Schritt werden BrÀnde gelegt,
um das Land von der restlichen Vegetation zu „befreien“. Derzeit allein in Amazonien ca.
82.000 BrÀnde. Auf diesen so vorbereiteten FlÀchen werden Grassamen ausgebracht, damit
Rinder weiden können (allein in Brasilien über 215 Millionen) oder sie werden als AnbauflĂ€che
von Soja verwendet. Soja wird als Viehfutter in der chinesischen Schweinezucht oder als
wertvolle Proteinquelle für die Millionen Tiere in Europas StĂ€llen verwendet. Ohne
Sojaimporte aus den Tropen ist die europÀische Massentierhaltung in den derzeitigen
Dimensionen nicht denkbar. Deshalb sind die AnsÀtze der deutschen Bundeskanzlerin und des
französischen StaatsprÀsidenten nur Pflaster auf akute Wunden. Wenn Europa es ernst
meinen würde mit einem Schutz der tropischen RegenwĂ€lder, müsste es seine
Exportorientierung und Massenproduktion in der Landwirtschaft zugunsten einer lokalen und
ökologisch orientierten Nahrungsmittelproduktion aufgeben.
Ähnliches gilt für die Energiepolitik. Hier werden Millionen Tonnen an Biodiesel aus tropischen
Ölpalmen eingesetzt. Die Ölpalme wird in riesigen Mengen v.a. in Malaysia und Indonesien
angebaut. Auf FlĂ€chen, die zuvor durch Brandrodung „gereinigt“ werden müssen. Europa
reduziert seine CO2 -Emissionen durch vermeintlichen „Biodiesel“ und dafür lösen sich an
anderer Stelle die LebensrÀume von Millionen Tier- und Pflanzenarten in Rauch auf.
„Faszination Regenwald e.V.“ fordert deshalb eine radikale Änderung in der europĂ€ischen
Agrar- und Energiepolitik zum Schutze der letzten noch verbliebenen tropischen RegenwÀlder
mit ihrem unglaublichen Artenreichtum! Die grüne Lunge der Erde muss unter
„Denkmalschutz“ gestellt werden.

Günzburg im August 2019
Bernhard Lohr, Birgit Fahr, Kurt Schweizer (Vorstand Faszination Regenwald e.V.)

GĂŒnzburger Zeitung zu „Creating a good life for Orang-Utans“

GĂŒnzburger Zeitung zu „Creating a good life for Orang-Utans“

https://www.augsburger-allgemeine.de/guenzburg/Ein-Tierschuetzer-berichtet-wie-die-Heimat-der-Orang-Utans-brachial-zerstoert-wird-id55255986.html

Ein TierschĂŒtzer berichtet, wie die Heimat der Orang Utans „brachial zerstört“ wird

Ein Orang-Utan klettert zwischen BÀumen im Tanjung Puting National Park in Kalimantan auf Borneo. Allein in den vergangenen zwei Jahren wurden auf der Insel zur Gewinnung von Palmöl 70.000 Hektar Regenwald gerodet. Foto: Barbara Walton/EPA

2 Bilder
Der Lebensraum von Orang Utans wird immer weiter zerstört.
Bild: Barbara Walton/EPA (dpa)

Der Verein Faszination Regenwald hat einen bedeutenden Orang-Utan-SchĂŒtzer nach GĂŒnzburg eingeladen. Warum die Tiere so leiden mĂŒssen und wie sie geschĂŒtzt werden können.

Es bedurfte starker Nerven um zu ertragen, was da dem Publikum im Sportheim Wasserburg vor Augen gefĂŒhrt wurde. Einem Publikum, das „zum Regenwalderfahrendsten im weiten Umkreis gehört“, wie es Tropenbiologe und Vereinsvorsitzender Dr. Bernhard Lohr formulierte. Geladen hatte er zum Vortrag ĂŒber das Thema „Creating a good life for Orang Utans“ einen hochkompetenten Gast.

Einen „wie es keinen Zweiten gibt“, nĂ€mlich den GrĂŒnder und Leiter der renommierten Orang-Utan-Schutzorganisation COP, Hardy Baktiantor, der auch an der momentan stattfindenden europĂ€ischen Weltklimakonferenz teilnimmt.

Regenwald wird fĂŒr Palmöl gerodet

Weiter eingeladen war Helmut Huber, Vorsitzender des niederbayerischen Partnervereins „Fans for Nature“, der persönliche Erfahrungen ĂŒber die bedrohliche Situation im Regenwald von Borneo beisteuern konnte. Mit drastischen Tatsachen ĂŒber Zerstörung und Leid konfrontierte Lohr in seiner Vorrede die Zuhörer. Brachte, im Zusammenhang mit dem derzeitigen Flammeninferno in Brasilien, die 72000 BrĂ€nde im Amazonasgebiet (eine Steigerung um 83 Prozent gegenĂŒber dem Vorjahr) zur Sprache, die 700000 Quadratkilometer Wald, die seit den 70er Jahren in Brasilien gerodet wurden, um Platz fĂŒr Palmöl, Sojaindustrie und vierfach gesteigerten Rinderexport (allein im letzten Jahr 215 Millionen Tiere im Gegenwert von 6,5 Milliarden Dollar) zu schaffen.

Daneben noch die im Hintergrund betriebene GoldwĂ€scherei im Amazonasgebiet mit rund 200000 illegalen Minen und Gruben. Neben der „brachialen Zerstörung ihres Lebensraumes“ droht, wie Helmut Huber berichtete, den vom Aussterben bedrohten Tierarten, wie dem Orang-Utan, eine weitere Gefahr: Wenn er sich, in seiner angestammten Region, auf die Suche nach PalmfrĂŒchten macht, oder in bereits abgeholzten Teilen nachwachsende Triebe als Nahrung verwendet, kann er gejagt und getötet werden.

Dorfbewohner fangen die Affen ein und halten sie als Haustiere

Zudem fangen sich Dorfbewohner in der NĂ€he von Plantagen gerne junge Äffchen als Haustiere ein, oder gar als Kinderersatz. FĂŒr ProfijĂ€ger ist es eine hochlukrative Einnahmequelle. Gelingt ihnen nĂ€mlich ein illegaler Export nach Europa, winken, so Huber, bis zu 40000 Euro als Lohn. Bei seiner letzten Reise traf er auf das Äffchenbaby Alois – verletzt, zerschunden, gefangen in einer engen Kiste, allein, ohne Mutter. (Lesen Sie ĂŒber die Rettung eines Orang-Utan-Babys: Was dieses Orang-Utan-Baby mit Offingen verbindet ) Die wurde erbarmungslos getötet. „Emotionen sind in dem Job nicht unbedingt hilfreich“, so sein Kommentar. Er konnte das Baby an sich nehmen und im COP- Rettungszentrum vor dem sicheren Tod bewahren.

Die Zukunft der Orang-Utans, deren Erbgut zu ĂŒber 97 Prozent dem Erbgut eines Menschen gleicht – deshalb der Name Waldmensch – , ist, erklĂ€rte Umweltaktivist Baktiantor, zum Großteil wegen Regenwaldabholzung fĂŒr Palmöl höchst gefĂ€hrdet. Deshalb sei seine Organisation bemĂŒht, mit der Regierung zu einer gesetzlich geregelten Nachhaltigkeitsvereinbarung zu kommen.

Leichter gesagt als getan. Die allmĂ€chtige Palmölindustrie nĂ€mlich versuche vielfach, durch Finanzierungshilfen an Umweltschutzorganisationen eine „Schweigegeldlösung“ zu erreichen. FĂŒr ihn, so betonte Baktianor unmissverstĂ€ndlich, komme aber solch ein Abkommen nicht infrage. Er sei fĂŒr die konstruktive Öffentlichmachung eines Umweltschutzprogrammes, mit dem großen Traum einer 53000 HektarflĂ€che Schutz- und Lebensraum.

In der „Waldschule“ werden verletzte Tiere gesund gepflegt

Einem Ort der Zuflucht, auch fĂŒr seine „Waldschule“, in der eingelieferte Jungtiere auf eine Wiedereingliederung in den Urwald vorbereitet werden, fĂŒr sein Rettungszentrum, in dem verletzte, verbrannte, versklavte oder verhungernde Menschenaffen gesund gepflegt werden können. Nicht immer gelingt dies.

Schockierende Bilder zeigen eine brutale Wirklichkeit, wie sie fĂŒr den Betrachter nur schwer zu ertragen ist: erbarmungslos gejagte Wesen mit gebrochenen Gliedmaßen, abgehackten Fingern, klaffenden Kopfwunden, angeschossenen Körperteilen, ausgezehrter Unbarmherzigkeit. Ergebnis eines ökologischen Desasters, „ausgehend aus einer der reichsten Regionen auf dem Planeten“. Der Grund fĂŒr das Leid und die Regenwaldrohdung – darin waren sich alle Beteiligten einig – ist, neben der Rinderzucht, vor allem die Produktion von Palmöl, das in enorm vielen Nahrungsmitteln, in Kerzen, Reinigungsmitteln, Kosmetik, auch in Biosprit enthalten ist. Genaugenommen in jedem zweiten Supermarktprodukt.

Die abschließende Diskussion mit den Zuhörern brachte es auf den Punkt: Orang-Utans wĂŒrden fĂŒr Palmöl sterben. Doch was können die Menschen tun? Die Meinungen waren so vielfĂ€ltig wie die Möglichkeiten gering. Packungsinformation lesen: weniger im Supermarkt, dafĂŒr mehr frische Waren kaufen und sich in Umweltschutzorganisation engagieren.

Die nĂ€chste Veranstaltung der Reihe „Quo vadis Leben?“ findet am Samstag, 28. September, im Sportheim Wasserburg statt. Es gibt eine Podiumsdiskussion zum Thema globales Artensterben. Beginn ist um 19 Uhr, der Eintritt ist frei.